Die Kraft aus dem Weltraum
Solarenergie gilt als ein Hoffnungsträger für die Energiewende. Doch rund 30 Prozent der Sonneneinstrahlung erreichen nie die Erdoberfläche, schätzt das US-amerikanische Energieministerium (DOE).[1] Anders sieht es im Weltraum aus.
Im All gibt es weder Atmosphäre noch Jahreszeiten oder Wetterbedingungen wie Regen und Wolken, die die Nutzung der Sonnenkraft beeinträchtigen könnten. Ideale Bedingungen also, um Solarenergie für den irdischen Energiehunger zu gewinnen. Schon 2030 sollen Forschung und Entwicklung so weit sein, dass ganze Satellitenflotten im All Energie erzeugen könnten – rund um die Uhr und dazu klimafreundlich.[2] Auch wenn bislang alle Studien und Forschungsvorhaben erfolglos blieben: Die Vision der Energie aus dem Weltraum bleibt für Forschungsteams weltweit verlockend.
Hocheffiziente Solarmodule für den Einsatz im All
Das Prinzip, wie die Sonnenenergie über Satelliten erzeugt wird, ist immer ähnlich: Spiegel auf den Satelliten bündeln das Sonnenlicht und lenken es auf Photovoltaik-Module. Diese Module sind für intensive und direkte Sonneneinstrahlung ausgelegt, um möglichst viel Strom pro Fläche zu erzeugen. Ultraleichte und hocheffiziente Solarmodule für den Einsatz im Weltraum entwickelt beispielsweise die Space Solar Power Initiative (SSPI).[3]
Auf weltweites Interesse stieß 2012 der Satelliten-Entwurf des Luft- und Raumfahrtingenieurs John C. Mankins, den die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA seitdem prüft: Der Satellit SPS-Alpha ist mit Hunderten dünner Spiegel ausgestattet, die einen Trichter bilden. Dieser soll die Sonnenstrahlen einfangen, bündeln und auf eine Photovoltaik-Zelle richten. Dort wird die Strahlung umgewandelt, bevor sie zur Erde geschickt wird.
Aber wie genau kann die Energie-Reise zur Erde künftig funktionieren? Und zwar so energieeffizient und kostengünstig wie möglich? Vor allem an der letzten Frage scheiterten bisherige Projekte für weltraumgestützte Solaranlagen. Zwei Wege sind nach aktuellem Forschungsstand denkbar: Der im Weltall erzeugte Strom gelangt per Mikrowellen auf die Erde oder wird mithilfe eines Laserstrahls auf die Erde "gebeamt".
Weitere Forschungsprojekte der NASA gibt es derzeit laut CNBC nicht.
Strom-Transportweg 1: Mikrowellen reisen durchs All
Ein mögliches Konzept für die Zukunft: Riesige Mikrowellen-Satelliten nutzen in 36 000 Kilometern Entfernung zur Erde - im geostationären Orbit - die Kraft der Sonne. Die Solarenergie wird in der Photovoltaik- und Übertragungseinheit gebündelt. Sie soll dann in Mikrowellen umgewandelt werden. Die Ladungsträger, die Elektronen, werden dafür in Schwingung versetzt, bis sich elektromagnetische Wellen bilden – die Mikrowellen. Diese sollen gebündelt und kabellos von der Senderantenne im All zur Empfangsantenne auf der Erde geschickt werden. In der Bodenstation werden die Mikrowellen wieder in elektrische Energie zurückverwandelt und ins irdische Energienetz eingespeist. [4]
Was für diese Übertragungsform spricht: Aufgrund der großen Mikrowellen-Reichweite können die Solarsatelliten in einer Höhe stationiert werden, die fast ständig im Sonnenlicht liegt - und damit sind sie in der Lage, dauerhaft Solarenergie zu erzeugen. Ein weiteres Plus der großen Höhe: Satelliten im geostationären Orbit sind in gleicher Geschwindigkeit wie die Erdrotation unterwegs. Ihre Umlaufgeschwindigkeit entspricht der Geschwindigkeit der Erdumdrehung. Auf diese Weise "verharrt" der Satellit über einem Punkt der Erde - im besten Fall über der Empfangsstation, die die Mikrowellen aufnimmt.
Soweit die Theorie - unter Hochdruck wird weltweit an Lösungen für die Energieübertragung per Mikrowellen geforscht – vor allem in Japan, wo Landflächen für Wind- oder Solarparks knapp sind. Der Stiftung Japan Space Systems gelang es 2015 erstmals, 1,8 Kilowatt Strom über eine Entfernung von 52 Metern zu senden – nur per Mikrowellen.[6] 2008 schafften es US-amerikanische Wissenschaftler*innen bereits, zwischen den Inseln Maui und Hawaii immerhin 20 Watt Solarstrom mittels Mikrowellen über eine Distanz von 148 Kilometern zu übertragen. Testsatelliten für die Solarenergiegewinnung im All will die japanische Weltraumagentur JAXA gemeinsam mit Forscher*innen der Universitäten Tokio und Kobe schon in den nächsten Jahren in den Orbit schicken. [7]
Strom-Transportweg 2: Laserstrahlen auf die Erde
Eine weitere Möglichkeit, Energie kabellos zur Erde zu transportieren, bietet die Lasertechnologie. Kleinere Satelliten, die aufgrund der geringeren Laserstrahl-Reichweite in einer Erdentfernung von 400 Kilometern kreisen, könnten in Zukunft die Solarenergie per Laserstrahl zur Erde senden. Das funktioniert so: Die Solarzelle erzeugt elektrische Energie, die ein Laser in elektromagnetische Wellen (Licht) verwandelt. Der Laserstrahl wird auf eine Photozelle auf der Erde gerichtet, die die Lichtwellen empfängt und wieder in elektrische Leistung zurückverwandelt.
Der Vorteil: Anders als bei Mikrowellen-Satelliten kann die Energie per Laserstrahl genauer übermittelt werden, da der Laserstrahl einen kleineren Durchmesser hat. Auf der Erde wäre dann nur eine kleine Empfangsstation nötig, um die Energie aus dem All zu absorbieren. Der Nachteil: Wolken oder Regen beeinträchtigen die Übertragung per Laserstrahl.[8]
Eine Technologie mit Zukunft? Daran glauben die Wissenschaftler*innen von JAXA, die bereits seit Längerem die Nutzung kosmischer Solarenergie erforschen. Unter anderem arbeiten sie daran, die Richtung von Hochleistungslasern im All zu präzisieren und den Wirkungsgrad der Strom-Laser-Umwandlung zu verbessern. [9]
Technologisch ist bereits einiges machbar. Das beweist das US-amerikanische Projekt Power Transmitted Over Laser (PTROL): Im Oktober 2019 gelang es den Wissenschaftler*innen, per Laser eine Leistung von 400 Watt über 325 Meter zu übertragen. [10]
Wie die aktuelle Demonstration ablief, siehst Du hier:
Herausforderungen: Treffsicherheit, Transport und Statik
Bis die ersten Solarenergieanlagen im All im Einsatz sind, haben Forscher*innen und Entwickler*innen noch einen langen Weg vor sich. So müssen sie beispielsweise sicherstellen, dass der Mikrowellenstrahl genau auf die Empfangsantenne trifft. Verfehlt der Strahl sein Ziel, könnte dies verheerende Folgen haben: Menschen, Tiere oder Pflanzen würden verbrennen. Auch die Mechanik der Solaranlage muss so stabil sein, dass die Anlage über Jahre möglichst wartungsfrei durchs All schweben kann. Die einzelnen Module müssen zudem leicht genug und faltbar sein, damit Raketen sie ins All transportieren und Roboter den Aufbau übernehmen können.
Übrigens: Ist die kabellose Übertragung von Energie ausgereift, könnte sie auch auf der Erde zum Einsatz kommen – und zwar dort, wo die Verlegung von Kabeln schwierig ist, etwa bei der Verbindung von Offshore-Windkraftanlagen mit dem Stromnetz. Auch die drahtlose Strom-Betankung von Elektrofahrzeugen ist nach Ansicht der japanischen Forscher*innen möglich. [11]
Quellen und Literaturangaben
[1] https://www.energy.gov/articles/space-based-solar-power
[2] https://blogs.helmholtz.de/augenspiegel/2015/08/klar-soweit-no-19
[3] https://www.caltech.edu/about/news/space-based-solar-power-project-funded-46644
[4] http://www.ak-energie.at/pdf/ET2016/ET2016-6_Andreas%20Berger_Drahtlose%20Energie%C3%BCbertragung.pdf
[5] http://www.kenkai.jaxa.jp/eng/research/ssps/ssps-mssps.html
[6] https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/kraftwerke-im-weltall-im-visier-strom-fliegt-luft/
[7] https://www.energy.gov/articles/space-based-solar-power
[8] http://www.kenkai.jaxa.jp/eng/research/ssps/ssps-lssps.html
[9] https://www.nrl.navy.mil/news/releases/researchers-transmit-energy-laser-power-beaming-demonstration
[10] https://www.mhi.com/news/story/1503121879.html